Neue Debatte: Tschechische Regierung plant umstrittene Speicherung von Webdaten
- Tschechien News
- 15. März
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Das tschechische Innenministerium hatte bereits 2015 versucht, eine ähnliche Ausweitung der Datenspeicherung durchzusetzen – jedoch erfolglos

In Tschechien sorgt ein neuer Verordnungsentwurf erneut für Debatten. Die Regierung plant, Internetanbieter zur Speicherung der von Nutzern besuchten Webseiten zu verpflichten – angeblich zur Unterstützung polizeilicher Ermittlungen. Kritiker warnen jedoch vor einem massiven Eingriff in die Privatsphäre.
In Tschechien ist erneut eine Debatte über eine Verordnung entbrannt, die in naher Zukunft in Kraft treten könnte und Internetanbieter dazu verpflichten würde, die Adressen der von Nutzern besuchten Webseiten zu speichern. Die entsprechende Verordnungsnovelle wurde auf Arbeitsebene von den Ministerien für Industrie und Inneres vorbereitet, berichtet der Nachrichtensender ČT24. Sie soll den Polizeibehörden helfen, Ermittlungen gezielter durchzuführen. Kritiker werfen ihr jedoch einen zu starken Eingriff in die Privatsphäre vor.
Laut Innenministerium würde die geplante Verordnungsänderung, auf die das Nachrichtenportal iROZHLAS.cz am Donnerstag aufmerksam machte, die Möglichkeit schaffen, dass von Telekommunikationsanbietern nur relevante Kommunikationsdaten übermittelt werden. Dadurch würde die Weitergabe von Daten über unbeteiligte Personen minimiert und der Schutz personenbezogener Daten gestärkt. Derzeit sind Anbieter laut Ministerium verpflichtet, Informationen bereitzustellen, die sich auf alle Nutzer beziehen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt dieselbe öffentliche IP-Adresse geteilt haben – was Hunderte bis Tausende von Personen betreffen könne. Die Verordnung wurde unter anderem vom Vorsitzenden der Piratenpartei, Zdeněk Hřib, kritisiert. „Ich möchte im Namen der Piratenpartei klarstellen, dass wir diese staatliche Überwachung der Internetnutzer ablehnen. Niemand hat das Recht, auszuspionieren, welche Webseiten jemand besucht“, sagte Hřib.
In Reaktion auf Medienberichte schrieb Innenminister Vít Rakušan (STAN) auf der Plattform X, dass er verstehe, dass jegliche Eingriffe in die Privatsphäre emotionale Reaktionen hervorrufen. „Persönlich unterstütze ich definitiv keine Überwachung. Sollte die Verordnung, über die derzeit eine fachliche Diskussion läuft, ein solches Risiko bergen, wird sie definitiv nicht durch mich verabschiedet“, fügte er hinzu. Auch Premierminister Fiala schloss aus, dass die neuen Regelungen in Kraft treten könnten. „Nein. So etwas wird unter meiner Regierung nicht umgesetzt“, erklärte er auf X.
Ein Teil der Opposition wollte das Thema auf die Tagesordnung der Parlamentssitzung am Freitag setzen, doch die Regierungskoalition blockierte nach etwa vierstündiger Debatte über das Programm alle neu vorgeschlagenen Punkte. Die grundlegende Frage laut Oppositionsvertretern ist, wem dieser Vorschlag eigentlich zugutekommt, denn am Ende werden gewöhnliche Bürger darunter leiden, während Cyberkriminelle damit problemlos umgehen können.
Laut dem Minister für Industrie und Handel, Lukáš Vlček (STAN), handelt es sich noch nicht um eine verabschiedete Fassung, sondern lediglich um einen Vorschlag, der derzeit von Experten im Rahmen eines ressortübergreifenden Verfahrens diskutiert wird. Experten zufolge wird die neue Verordnung nicht als Schritt in Richtung eines „Großen Bruders“ betrachtet und führt nicht zu einer Sammlung neuer Daten durch den Staat. Vielmehr soll sie präzisieren, welche Daten gespeichert werden müssen, um mehr rechtliche Klarheit zu schaffen. Es gibt jedoch Bedenken, dass die geplante Überwachung wenig nützliche Informationen liefert.
Das tschechische Innenministerium hatte bereits 2015 versucht, eine ähnliche Ausweitung der Datenspeicherung durchzusetzen – jedoch erfolglos. Die Argumente blieben dabei weitgehend gleich. Der Europäische Gerichtshof hat aber bereits 2014 die pauschale und unterschiedslose Speicherung von Daten über alle Bürger für unzulässig erklärt.