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Barockarzt identifiziert: Tschechische Anthropologen lösen jahrhundertealtes Rätsel um Jan František Löw von Erlsfeld

Jan František Löw von Erlsfeld hat kaum wie ein anderer die Medizin der böhmischen Barockzeit geprägt

Barockarzt identifiziert: Tschechische Anthropologen lösen jahrhundertealtes Rätsel um Jan František Löw von Erlsfeld
Foto: Nationalmuseum | Národní muzeum Praha

Ein bedeutender Fund mit symbolischer Tragweite: Nach jahrzehntelanger Suche ist es tschechischen Experten gelungen, die sterblichen Überreste eines der herausragendsten Ärzte des Barockzeitalters zu identifizieren.


Anthropologen des Nationalmuseums in Prag (Národní muzeum) haben in Zusammenarbeit mit dem Kriminalistischen Institut der tschechischen Polizei, dem Institut für Rechtsmedizin des Militärkrankenhauses, Archivaren und Bibliothekaren einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielt: Sie konnten die Gebeine von Jan František Löw von Erlsfeld (1648–1725) eindeutig identifizieren – einem Adligen, vierfachen Rektor der Karls-Universität und führenden Arzt seiner Zeit.


Die Entdeckung fällt in ein doppeltes Gedenkjahr: Genau 300 Jahre nach Löws Tod und 100 Jahre nach der Geburt des Anthropologen Emanuel Vlček, der sich bereits 1971 um die Identifizierung bemüht hatte. Was ihm damals mit den verfügbaren Mitteln nicht gelang, konnte nun mithilfe modernster forensischer und anthropologischer Methoden vollendet werden.


Die Überreste waren bereits 1971 sowie in den Jahren 1999–2000 aus der Krypta der Kirche der Jungfrau Maria vom Siege und des heiligen Antonius von Padua (Kostel Panny Marie Vítězné a svatého Antonína Paduánského) in Prag geborgen worden. Man ging ursprünglich davon aus, dass es sich um historisch wenig relevante Bestattungen handelte – bis neue Untersuchungen einen ganz anderen Verdacht aufkommen ließen: Unter den Knochen könnten sich die sterblichen Überreste des einstigen Leibarztes des Fürsten Johann Adolf I. von Schwarzenberg und Autors der ersten tschechischen Lehrschrift für Rechtsmedizin befinden – des Werks Theatrum medico-judicorum.


Besonders aufschlussreich war die Analyse sogenannter „celudky“, barocker Grabmedaillons, die traditionell Adligen beigelegt wurden. Diese ließen bereits vermuten, dass es sich nicht um einfache Geistliche, sondern um eine hochgestellte Persönlichkeit handeln könnte.


Die entscheidenden Beweise lieferte jedoch die osteologische Analyse – die wissenschaftliche Untersuchung der menschlichen Knochen. Dabei konnten Alter, Geschlecht, Körpergröße sowie Hinweise auf Lebensweise und Krankheiten rekonstruiert werden. Ergänzt wurde die Untersuchung durch die forensische Methode der Superprojektion, bei der Schädelmerkmale mit historischen Porträts abgeglichen werden. Das Ergebnis: Eine eindeutige Übereinstimmung – inklusive jener gesundheitlichen Beschwerden, die Löw in seinem eigenen Tagebuch dokumentierte.


Die Identifizierung schließt nicht nur ein jahrzehntealtes wissenschaftliches Kapitel, sondern bringt auch neues Licht in das Leben eines Mannes, der wie kaum ein anderer die Medizin der böhmischen Barockzeit geprägt hat. Dass dieser Erfolg ausgerechnet im Jahr zweier bedeutender Jubiläen gelungen ist, wirkt wie eine stimmige – beinahe poetische – Fügung der Geschichte.



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