Tschechisches Strafrecht: Präsident Pavel unterzeichnet tiefgreifende Reform
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- vor 5 Tagen
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Künftig können Geldstrafen für nahezu alle Straftaten verhängt werden – mit Ausnahme besonders schwerer Verbrechen

Präsident Petr Pavel hat eine umfassende Reform des Strafrechts unterzeichnet, die weniger Haftstrafen und mehr alternative Sanktionen vorsieht. Ziel ist es, die Justiz zu entlasten, Rückfälle zu reduzieren und den Opferschutz zu stärken.
Weniger Haftstrafen, mehr Alternativen: Mit seiner Unterschrift unter eine umfassende Reform des Strafgesetzbuchs hat Präsident Petr Pavel am Donnerstag den Weg für eine spürbare Neuausrichtung der tschechischen Strafjustiz geebnet. Die Novelle soll nicht nur die Gefängnisse entlasten und Rückfallquoten senken, sondern auch das Budget schonen. Im Fokus stehen alternative Strafformen wie Geldstrafen – und ein zeitgemäßer Umgang mit gesellschaftlich kontroversen Delikten.
Künftig können Geldstrafen für nahezu alle Straftaten verhängt werden – mit Ausnahme besonders schwerer Verbrechen oder Taten wie Misshandlungen innerhalb der eigenen vier Wände. Kritiker befürchten indes, dass sich Wohlhabende mit Geld aus ihrer Verantwortung freikaufen könnten.
Ein weiterer Eckpfeiler der Reform: Bestimmte Delikte werden entkriminalisiert oder deren Strafrahmen gesenkt. So gilt nun das bloße Nichtzahlen von Unterhalt nur noch dann als Straftat, wenn der Unterhaltsempfänger dadurch in existenzielle Not gerät.
Cannabis: Mehr Eigenverantwortung, klare Grenzen
Ein besonders öffentlichkeitswirksamer Teil betrifft den Umgang mit Cannabis. Der Besitz von bis zu 100 Gramm im eigenen Haushalt oder 25 Gramm im öffentlichen Raum wird künftig nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Auch der private Anbau von bis zu drei Pflanzen ist erlaubt. Der Anbau von vier bis fünf Pflanzen gilt als Ordnungswidrigkeit, alles darüber bleibt strafbar.
Härtere Regeln für Sexualstraftäter
Im Sinne des Kinderschutzes führt die Novelle eine neue Regelung ein: Sexualstraftäter und Täter schwerer Gewaltverbrechen werden lebenslang in einem Register geführt, das ihnen den Zugang zu Berufen mit Kindern verwehrt. Wer ein Verbrechen begeht, das mit mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, erhält automatisch einen entsprechenden Eintrag. Bei minder schweren Delikten liegt die Dauer des Berufsverbots bei 20 Jahren. Eine vorzeitige Löschung ist ausgeschlossen.
Welche Delikte genau in das Register aufgenommen werden, ist detailliert geregelt. Bei besonders schweren sexuellen und gewaltsamen Übergriffen erfolgt die Eintragung automatisch, bei anderen vorsätzlichen Delikten wie etwa Rowdytum liegt die Entscheidung beim Gericht.
Mehr Schutz für Opfer: Staatliche Hilfen werden aufgestockt
Präsident Pavel gab zudem grünes Licht für eine Ausweitung der finanziellen Hilfen für Opfer von Straftaten. Künftig orientieren sich die Auszahlungsbeträge an der durchschnittlichen Bruttolohnhöhe – und steigen damit automatisch mit. Gleichzeitig werden mehr Mittel für NGOs bereitgestellt, die Betroffene unterstützen. Vor allem Opfer von sexueller Gewalt oder Nötigung gelten als besonders schutzbedürftig und sollen verstärkt profitieren.
Die Kosten für den Staat könnten sich laut Schätzungen um über 50 Prozent erhöhen. Gedeckt werden sollen sie jedoch durch Beiträge, die verurteilte Straftäter in den Opferhilfefonds einzahlen.
Mit der Reform versucht Tschechien, der überlasteten Justiz und vollen Gefängnissen gegenzusteuern – weniger Strafen und hin zu mehr Prävention und verbessertem Opferschutz.