Im Kalten Krieg wird die Grenze der Tschechoslowakei zum Westen zu einem dramatischen Schauplatz
Video: Doku | ARTE - Video auf YouTube verfügbar bis 21.04.2022
Diktaturen sind wie Gefängnisse. Mit Grenzen sperren sie ihre Bevölkerung ein. Im Kalten Krieg wird die Grenze der Tschechoslowakei zum Westen zu einem dramatischen Schauplatz. Menschen, darunter viele Grenzsoldaten, bezahlten ihren Fluchtversuch mit dem Leben und ihre Hinterbliebenen wissen bis heute nicht, was damals wirklich geschehen ist.
30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sollen die Opfer der Grenze zwischen der Tschechoslowakei auf der einen und der BRD und Österreich auf der anderen Seite späte Gerechtigkeit erfahren und die Todesschützen bestraft werden. Nach intensivem Studium der Akten bringt die NGO Platform of European Memory and Conscience mehrere solcher Fälle bei der tschechischen und der deutschen Staatsanwaltschaft 2019 zur Anzeige. Für die BRD ist die Staatsanwaltschaft Weiden zuständig, auf tschechischer Seite die Staatsanwaltschaft Prag 1. In enger Kooperation ermitteln sie als Joint-Investigation-Team zahlreiche Fälle.
Nach Abschluss der Ermittlungen gegen mittlerweile 41 Personen sollen die Anklagen erhoben werden. Unter ihnen auch drei ranghohe Politbüro-Mitglieder, die an der Spitze der Befehlskette standen. Dabei sind die Erfahrungen, die die deutschen Behörden bei der Aufarbeitung der Mauertoten an der innerdeutschen Grenze gesammelt haben, für die tschechischen Kollegen von unschätzbarem Wert.
Die Flucht in den Westen war für viele der letzte verzweifelte Ausweg. Die Fluchtmittel sind vielfältig: mit Hilfe eines Schleusers über die grüne Grenze, mit der Waffe in der Hand, mit einer selbst gebauten Seilrutsche über das Starkstromkabel oder wie die Maulwürfe unter der Grenze hindurch. Mit dem Mut der Verzweiflung, der Freiheit entgegen. Der Westen nimmt die CSSR als eher liberale Volksrepublik östlich des Eisernen Vorhangs wahr. Die Grenzanlagen jedoch sprechen eine andere Sprache. All jene, die ideologisch nicht dazugehören und von den Vorgaben der Diktatur abweichen, bekommen ernste Schwierigkeiten. Ein anderes Leben ist und bleibt Wunschdenken. Nur wer die Flucht wagt, kann dem System entkommen.
Dokumentation von Oliver Halmburger (D/A/CZ 2022, 53 Min)